Gemeinsame Pressemitteilung
Bündnis Klinikrettung
c/o Gemeingut in BürgerInnenhand
Weidenweg 37, 10249 Berlin
Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern
Egerländerweg 1, 95502 Himmelkron
Katholische Arbeitnehmer Bewegung (KAB)
Diözesanverband Regensburg e.V., Obermünsterplatz 7, 93047 Regensburg
Berlin / Himmelkron, den 15.06.2021: Heute veranstalteten drei Initiativen in Nürnberg eine Protestaktion, um auf die bundesweiten Klinikschließungen aufmerksam zu machen. Mit dabei: das Bündnis Klinikrettung, die Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern und die Katholischen Arbeitnehmerbewegung Regensburg (KAB). Anlass ist die 94. Gesundheitsministerkonferenz, die morgen beginnt. Vor der Nürnberger Lorenzkirche stellten die Veranstalter "Grabschilder" für die im Jahr 2020 geschlossenen Kliniken auf. Seit Pandemiebeginn wurden schon 20 Kliniken geschlossen. Aktuell droht mehr als 30 weiteren Krankenhäusern das Aus. In kurzen Redebeiträgen informierten die Aktiven über den bundesweiten Krankenhauskahlschlag und richteten einen Forderungskatalog an die GesundheitsministerInnen (siehe Hintergrundinformationen).
Dazu Klaus Emmerich, Vorstand (i.R.) von zwei Kliniken in Bayern:
„Krisen wie die Corona-Pandemie zeigen, dass eine flächendeckende Krankenhausversorgung unerlässlich ist. Deswegen müssen die Minister jetzt die Reißleine ziehen und die Schließungspolitik von Herrn Spahn beenden. Politiker, die den Schließungen nichts entgegensetzen, brauchen wir nicht zu wählen.“ Klaus Emmerich weiter: „Das Votum der Bevölkerung ist klar: In Hersbruck, Ebern, Wolfratshausen, Geislingen und vielen anderen Orten bundesweit gehen die Menschen auf die Straße, um ihr Krankenhaus zu retten.
88 Prozent der Bundesbürger sind laut einer repräsentativen Forsa-Umfrage gegen Klinikschließungen.“
Willi Dürr von KAB Regensburg kommentiert die Lage der Krankenhäuser wie folgt:
„Die permanente Herausforderung sind der stetig wachsende Druck durch den medizinischen und technischen Fortschritt, sowie die höhere Spezialisierung. Hinzu kommt eine stetig wachsende Kluft zwischen den notwendigen Tariferhöhungen und der nicht ausreichenden Refinanzierung der geleisteten Arbeit. Der Irrglaube der letzten Jahrzehnte an ungebremste Privatisierung auch im Krankenhausbereich und der Irrglaube, der freie Markt wird es schon irgendwie richten, rächt sich. Das freie Marktspiel richtet sich nicht nach den Erfordernissen eines Landkreises in der Fläche aus, sondern fördert die Zentren und nicht den ländlichen Raum.“
Dass die Zentralisierung klinischer Leistungen und die Schließung kleiner Krankenhäuser die ländliche Gesundheitsversorgung massiv beeinträchtigen, schildert Angelika Pflaum am Beispiel des geschlossenen Krankenhauses Hersbruck:
„Fünf der sieben Belegärzte haben ihre Praxen in die Nähe des Krankenhauses nach Lauf a. d. P. verlegt – also weg aus Hersbruck! Das Klinikum hat einen gynäkologischen Arztsitz in Hersbruck aufgekauft und verlegt – ebenfalls nach Lauf in Krankenhausnähe. In Hersbruck sind wir jetzt, was das Angebot an Frauenärzten betrifft, schlechter gestellt als Ende der 1970er Jahre!" Angelika Pflaum weiter: Im Hersbrucker Krankenhaus gab es zwei gut ausgestattete Operationsräume, die von Ärzten einer orthopädisch-chirurgischen Praxis angemietet und genutzt wurden. Die Ärzte praktizieren zwar weiter in Hersbruck, aber in der Praxis gibt es natürlich keine OPs, somit ist die hervorragende Arbeit der Ärzte nur noch eingeschränkt möglich!“
Hintergrundinformationen
Das Bundesinnenministerium und das Bundesforschungsministerium haben im Jahr 2020 ein Grünbuch beauftragt, in dem festgestellt wird: „Die [...] dargestellte künftige Struktur der stationären Notfallstufen berücksichtigt nur unzureichend die erforderlichen kapazitiven Vorhaltungen zur Bewältigung eines eskalierenden Ausbruchs einer Infektionskrankheit, deren adäquate Bereitschaftsplanung und Evaluierung, kontinuierliches Training und Übung.“
In einem „Richtungspapier zu mittel- und langfristigen Lehren – Zwischenbilanz nach der ersten Welle der Corona-Krise 2020“ fordern das BARMER Institut für Gesundheitssystemforschung, die Bertelsmann Stiftung und die Robert Bosch Stiftung, die Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung in Integrierte Versorgungszentren (IVZ) mit überwiegend ambulanter Betreuung und nur 12-stündiger Präsenz von Ärzten umzuwandeln.
Forsa-Umfrage im Auftrag von Gemeingut in BürgerInnenhand, vom 25.6.2020 : https://www.gemeingut.org/forsa-umfrage-grosse-mehrheit-lehnt-krankenhausschliessungen-ab/
Das Bündnis Klinikrettung hat sich im Jahr 2020 auf Initiative von Krankenhauspersonal und anderen politisch aktiven Menschen gegründet, die sich für den flächendeckenden Erhalt der stationären klinischen Versorgung einsetzen. Die Aktionsgruppe „Schluss mit Kliniksterben in Bayern“ thematisiert das Kliniksterben in Bayern, das aufgrund seiner überwiegend ländlichen Strukturen besonders vom Kliniksterben betroffen ist. Die KAB Regensburg setzt sich für die Arbeitnehmerrechte des Klinikpersonals ein. Angesichts der Belastungsspitzen der Krankenhäuser in der Corona-Pandemie lehnen das Bündnis Klinikrettung eine Ausdünnung der Klinikstandorte und auch der Klinikkapazitäten grundsätzlich ab.
Für Rückfragen:
Klaus Emmerich, klaus_emmerich@gmx.de, 0177-1915415
Carl Waßmuth, carl.wassmuth@gemeingut.org, 0179-7724334
Gemeingut in BürgerInnenhand ist die Trägerorganisation des Bündnisses. GiB arbeitet seit zehn Jahren zu den Themen Privatisierung/öffentlich-private Partnerschaften und Schutz der Daseinsvorsorge. VertreterInnen der privatisierungskritischen Organisation wurden mehrfach als Sachverständige zu Anhörungen zum Thema Privatisierung der Daseinsvorsorge eingeladen. Über die Aktionen des Vereins wurde vielfach berichtet, unter anderem in ARD, ZDF.
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Den Forderungskatalog auf dem separaten Blatt für die Mappe ausdrucken / für die PM per Mail verlinken: https://www.gemeingut.org/krankenhausschliessungen/#1604497252493-95fc3abb-c3c8
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Krankenhausschließungen stoppen!
Forderungskatalog anlässlich der 94. Gesundheitsministerkonferenz am 16 Juni 2021
Das Bündnis Klinikrettung richtet gemeinsam mit der Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern und der KAB Regensburg folgende Forderungen an die 94. Gesundheitsministerkonferenz:
1. Kein Krankenhaus darf mehr schließen. Insolvente und akut von Insolvenz bedrohte Kliniken werden vom Staat aufgefangen, ihr Weiterbetrieb wird öffentlich abgesichert, notwendige Investitionen werden bezahlt.
2. Die Schließungsförderung über den Krankenhausstrukturfonds wird sofort gestoppt.
3. Das Krankenhauspersonal wird erheblich aufgestockt, und seine Bezahlung und Arbeitsbedingungen werden verbessert, um Überlastung zu verhindern und Abwanderung zu reduzieren.
4. Klinisch notwendige Behandlungen entziehen sich jeder Planung. Die gesetzlich vorgeschriebene leistungsbezogene Planung, Verhandlung und Abrechnung von Fallpauschalen (DRG-System) wird durch ein kostendeckendes Abrechnungssystem ersetzt.
5. Die Krankenhäuser werden in den Zentren und auf dem Land mit ausreichenden Intensivstationen, Isolierstationen, Beatmungseinheiten, Schutzkleidungen sowie diagnostischen Mitteln und Medikamenten ausgestattet – so dass sie vorbereitet sind für Versorgungen bei Pandemien, Epidemien und Katastrophen.
6. Die Betten- und Personalausstattung der Krankenhäuser wird unter Einbezug von Jahresspitzen, Katastrophen und Pandemien geplant, anstelle der bisherigen Auslegung nach jahresdurchschnittlicher Auslastung.
7. In den derzeit unterversorgten Regionen Deutschlands wird die Zahl der Betten, Notaufnahmen, Intensiv- und Geburtenstationen etc. durch Förderung der öffentlichen Kliniken auf das notwendige Maß angehoben.
Rede 94. Gesundheitsministerkonferenz
Nürnberg, Lorenzkirche, 15.00 Uhr
Klaus Emmerich, Klinikvorstand i.R.
Verehrte Pressevertreterinnen und Pressevertreter,
verehrte Passanten und Besucher,
liebe aktive gegen Kliniksterben,
seit 30 Jahren findet in Deutschland ein beispielloses Kliniksterben statt. Hatten wir 1991 noch 2.411 Krankenhäuser, so sind es 2019 nur noch 1.914 – ganze 497 Krankenhäuser weniger. Die verfügbaren Klinikbetten sanken im gleichen Zeitraum von 666 Tsd. auf 494 Tsd. - minus 172 Tsd. Klinikbetten.
Aber jetzt haben wir doch Corona und brauchen jedes Krankenhaus, oder?
Wir haben es beängstigend erlebt. Das Berliner Charitee warnt im Januar vor einem Kollaps der Krankenhäuser, Angela Merkel und die Ministerpräsidenten verhängen ganze drei Lockdowns, auch, um den Klinikkollaps zu verhindern. Das Großklinikum Bayreuth verhängt einen Aufnahmestopp wegen Massenerkrankung des Klinikpersonals an Corona. Das Großklinikum Kulmbach hat keine Aufnahmekapazitäten für Corona-Patienten mit Intensivbehandlung mehr. Kleine Krankenhäuser kämpfen weiter. Sie behandeln professionell Corona-Patienten und schützen ihre Bürger.
Jedes Krankenhaus wird gebraucht,
so die Meinung des Bündnis Klinikrettung und der Aktionsgruppe „Schluss mit Kliniksterben in Bayern“.
Corona zeigt, dass wir nicht zu viele sondern zu wenige Krankenhäuser haben. das sagt auch ein vom Bundesinnen- und Bundesforschungs-ministerium beauftragtes „Grünbuch 2020.“
Das Bestürzende aber , liebe Zuhörerinnen und Zuhörer:
Das Kliniksterben geht weiter.
2020 waren es bundesweit 20 überwiegend ländliche Krankenhäuser, 4 davon in Bayern, die ihre Pforten schlossen. Der Grund sind unzureichende Finanzmittel. Und diese Krankenhäuser haben Namen. Sie alle liegen hier auf diesem Krankenhausfriedhof, symbolisiert durch eine Grabaufschrift und ein Grablicht. 2019 in Bayern: Hersbruck und Waldsassen, Akutbereich. 2020 in Bayern: Waldsassen Rehabereich, Parsberg, Vohenstrauß und Fürth. Ich persönlich begleite aktuell 4 weitere von der Schließung bedrohte Krankenhäuser.
Das ist Wahnsinn! Das ist ein Schlag ins Gesicht der Klinikmitarbeiter, die mit Einsatz von Gesundheit und Leben anderen Menschen in der Corona-Krise beistehen. Das ist ein Anschlag auf die Gesundheit der Bürger, deren Anrecht auf eine wohnortnahe klinische Versorgung zerstört wird. Das ist eine elementare Zerstörung der ländlichen Gesundheitsstruktur. Denn mit einem Krankenhaus bricht mehr zusammen: Die stationäre klinische Versorgung, die Notfallversorgung, Bereitschaftsdienste, Facharztpraxen deren Standorte nicht mehr attraktiv sind, Arbeitsplätze und Infrastrukturen.
Und jetzt kommt die Spitze des Eisbergs: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, seine wichtigsten Gesundheitsberater Prof. Dr. Augurzky und Prof. Dr. Busse, nahezu alle Krankenkassen und etliche Stiftungen fordern eine radikale Klinikreform mit überwiegenden Großkliniken in Ballungsgebieten. Den ländlichen Regionen verblieben sogenannte „Integrierte Versorgungszentren“ mit überwiegend ambulanter Ausrichtung und einer nur 12-stündigen Anwesenheit von Ärzten. *1) Das aber wäre das "Aus" der wohnortnahen klinischen Versorgung. Das würde die ländliche Bevölkerung endgültig zu eine Gesundheitsregion zweiter Klasse mit schwerwiegenden Folgen degradieren. Für eskalierende Krankheitsverläufe entallen kurze Anfahrwege zum nächstgelegenen Krankenhaus – das kann lebensentscheidend sein.
Was nützt uns ein 100 km entferntes Maximalversorgungskrankenhaus bei traumatisch unfallverletzten Patienten, wenn er bis dorthin verblutet ist? Die Kombination aus Erstversorgung in einem ländlichen Krankenhaus und späterer High-Tech-Medizin ist in ländlichen Regionen ebenso wichtig, wie die stationäre Grundversorgung als Gesundheitszentrale vor Ort.
Es kann nicht sein, dass in einem der reichsten Länder der Welt einem hohen Anteil der Bevölkerung eine umfassende Gesundheitsvorsorge verweigert wird.
Kliniksterben gefährdet die Gesundheit.
Es kann auch nicht sein, dass es über mehr als ein Jahr Kontaktbeschränkungen der Bevölkerung gibt, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn aber weiter mit einem Sturkturfonds Klinikschließungen fördert. Ja, es ist so: Wer ein Krankenhaus in eine niederschwellige Gesundheitseinrichtung umwandelt, z.B. Pflegeheim, ambulanter Gesundheitscampus, der bekommt Geld dafür! *2)
Es kann auch nicht sein, dass das Bundesinnenministerium und das Bundesforschungsministerium über ein beauftragtes Grünbuch 2020 feststellen lässt, Zitat: „ Die ... dargestellte künftige Struktur der stationären Notfallstufen berücksichtigt nur unzureichend die erforderlichen kapazitiven Vorhaltungen zur Bewältigung eines eskalierenden Ausbruchs einer Infektionskrankheit, … Die Gesundheit der Bevölkerung ist Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge, sodass Versorgungskapazitäten auch mögliche Krisensituationen berücksichtigen sollten. Der Mangel an medizinischem und pflegerischem Fachpersonal muss konsequent angegangen werden. Hier bedarf es einer angemessenen Vergütung, besserer Arbeitsbedingungen und guter Ausbildungsstrukturen.“ *3) Und trotzdem der Skandal;
Das Kliniksterben geht weiter.
Kliniksterben und Corona widersprechen sich elementar.
Es kann auch nicht sein, dass die Meinung der Bevölkerung keine Rolle spielt. In Hersbruck, Ebern, Wolfratshausen und Geislingen gehen Bürger auf die Straße, um ihr Krankenhaus zu retten – die Schließungsprozesse aber gehen weiter. 88% der Bundesbürger sind lt. einer repräsentativen Forsa-Umfrage gegen Klinikschließungen. *4)
Bayern und andere Flächenstaaten sind besonders gefährdet. Stirbt ein Krankenhaus, dann entstehen unzumutbar lange Fahrzeiten zum nächstgelegenen Krankenhaus.
Am Vortag der 94. Gesundheitsministerkonferenz unter der Leitung der Bayerischen Staatsregierung fordern wir Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und alle Landesgesundheitsminister(innen) auf:
1) Alle Krankenhäuser, große und kleine, sind kostendeckend zu finanzieren, sie retten und schützen das Leben von Menschen.
2) Das DRG-Fallpauschalensystem mit gleichen Preisen für gleiche Behandlungen gefährdet kleine Krankenhäuser. Kleine Krankenhäuser können ihre fixen Kosten für Klinikleitung, Verwaltung, Technik, Hauswirtschaft , Medizingeräte und vieles mehr nur auf wenige Patienten verteilen und sind deshalb insolvenzgefährdet. Das DRG-Fallpauschalensystem muss deshalb durch ein anderes Finanzierungssystem ersetzt werden.
3) Die Bundesländer werden aufgefordert, die Investitionskosten der Krankenhäuser vollumfänglich und nicht nur zu ca. 50% abzudecken.
4) Jegliches Kliniksterben ist umgehend auszusetzen.
5) Es ist sicherzustellen, dass jeder Bürger in jedem Winkel Deutschlands weniger als 30 Minuten benötigt, um ein hochwertiges Krankenhaus zu erreichen. Zum hochwertigen Krankenhaus gehören die Innere Medizin, die Chirurgie, die Geburtshilfe, die Intensivstation und die Notaufnahme, Notfallstufe 1.
6) Die Klinikmitarbeiter haben in der Corona-Pandemie Gesundheit und Leben auf’s Spiel gesetzt, um Patienten zu schützen. Sie haben Anspruch auf eine attraktive Vergütung, mit der in Stadt und Land eine Familie ernährt werden kann. Sie haben auch Anspruch auf einen sicheren Arbeitsplatz.
7) Bürger, in deren Region die Krankenhauslandschaft verändert werden soll, sind in den Entscheidungsprozess einzubeziehen – es geht um deren Gesundheit und Leben.
Wie wollen Bundesregierung und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn denn mehr Pflegekräfte und Ärzte gewinnen, wenn diese …
… ständig dem Vorwurf mangelnder Qualität ausgesetzt werden,
… ständig den Eindruck vermittelt bekommen, man könne die gleiche
schwierige Arbeit in ländlichen Regionen über ambulante Versorgungs-
strukturen gewährleisten,
… ihr Klinikstandort sei nicht notwendig,
… es sei zumutbar, sie in weit entfernte städtische Regionen zu versetzen,
wo sie keine Familie, keine Freunde, und hohe Lebenshaltungskosten
vorfinden,
… und wo es selbstverständlich ist, dass aufgrund der knappen
Klinikressourcen in Pandemien jede gesetzliche Arbeitszeit und jeder
Arbeitsschutz mit Füßen getreten werden, weil notwendige Strukturen
versäumt wurden, und es jetzt eben nicht anders geht.
Aktuell ist es nicht (!!!) attraktiv in einem Krankenhaus zu arbeiten!
Das ist die Verantwortung der Bundesregierung und der Bundesländer!
Wir fordern die Gesundheitsminister eindringlich auf, die Klinikstrukturen nicht nach ökonomischen Gesichtspunkten zu zentralisieren, sondern eine flächendeckende klinische Versorgung für alle Bürger sicherzustellen. Wir fordern sie außerdem auf, dem Aktionsbündnis plausibel zu erklären, wie sie die Sicherheit Deutschlands in Pandemien angesichts der bereits festgestellten Mängel des Grünbuchs 2020 und den Tendenzen weiterer Klinikkonzentrationen gewährleisten wollen.
Sie werden im Anschluss am Beispiel Hersbruck erfahren, wie fatal die Folgen sind, wenn ein Krankenhaus schließt. Ein Vertreter der KAB Regensburg wird danach den Fokus auf die Arbeitsbedingungen im Klinikbereich richten.
Und nun zum Schluss: Klinikschließungen überwiegend in ländlichen Regionen schaffen im Gesundheitssektor eine 2-Klassengesellschaft, in der städtische Regionen ausreichenden klinischen Zugang finden, ländliche Regionen jedoch abgehangen werden. Bundesländer mit ländlichen Regionen – also auch Bayern - sind massiv betroffen. Deshalb müssen Gesundheitsministerien, Klinikträger und Gesundheitsökonomen, die sich für die Schließung von Klinikstandorten einsetzen, verstärkt mit uns rechnen. Wir sind vernetzt und bieten bedrohten Klinikstandorten vor Ort unsere Unterstützung an. Jeder, der meint, man könne den Bürgern ein wohnortnahes Krankenhaus vorenthalten, darf sich ab sofort auf massiven Widerstand und bundesweite Publikation einstellen.
Und zur Bundestagswahl 2021 gilt das Motto: Politiker, die den Schließungen nichts entgegensetzen, brauchen wir nicht zu wählen.
Also: Hände weg von unseren Krankenhäusern – wir brauchen sie!
Klaus Emmerich
Himmelkron, 15.06.2021
Egerländerweg 1
95502 Himmelkron
Rel. 0177/1915415
klaus_emmerich@gmx.de
Bündnis Klinikrettung: www.klinikrettung.de
Aktionsgruppe „Schluss mit Kliniksterben in Bayern“: https://schlusskliniksterbenbayern.jimdofree.com/
*1) Richtungspapier zu mittel- und langfristigen Lehren - Zwischenbilanz nach der ersten Welle der Corona-Krise 2020, BARMER Institut für Gesundheitssystemforschung Bertelsmann Stiftung, Robert Bosch Stiftung, S. 4, 35-36, https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/zwischenbilanz-nach-der-ersten-welle-der-corona-krise-2020-all
*2) Bundesamt für Soziale Sicherung, 2021, Der Krankenhausstrukturfonds, Berlin, https://www.bundesamtsozialesicherung.de/de/themen/innovationsfonds-und-krankenhausstrukturfonds/krankenhausstrukturfonds/
*3) Zukunftsforum Öffentliche Sicherheit e. V., GRÜNBUCH 2020 - zur Öffentlichen Sicherheit, S. 33, 42, https://zoes-bund.de/themen/gruenbuch/
*4) Gemeingut in BürgerInnenhand, 2020, Forsa-Umfrage: Große Mehrheit lehnt Krankenhausschließungen ab, Berlin, https://www.gemeingut.org/forsa-umfrage-grosse-mehrheit-lehnt-krankenhausschliessungen-ab/
hrichten/120517/Ersatzkassen-plaedieren-fuer-Massnahmen-zur-GKV-Beitragssatzstabilisierung
Rede Gesundheitsministerkonferenz
Nürnberg, Lorenzkirche, 15.00 Uhr/15.06.2021
Willi Dürr, Vorsitzender der Teamleitung KAB (der Katholischen Arbeitnehmer Bewegung) der Diözese Regensburg
(AUSZUG)
Im Spannungsfeld zwischen bestmöglicher Qualität, wirtschaftlicher Tragfähigkeit und wohnortnaher Versorgung gilt es herauszufinden, welche Krankenhäuser der Gesundheitsstandort Bayern braucht und wie viele Krankenhäuser für eine an den Bedürfnissen der Bevölkerung ausgerichteten Versorgung tatsächlich benötigt werden. Der Sachverständigenrat (mit seinen derzeit 4 Professoren) zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung plädiert in seinem Jahresgutachten 2018/2019 nachdrücklich für eine Strukturbereinigung in der deutschen Krankenhausversorgung und sieht in einer solchen Strukturreform die einzige Möglichkeit, den immer akuter werdenden Personalengpässen im stationären Sektor zu begegnen.
Und diese ohne Rückkoppelung ohne Fragen, der Bevölkerung, aber auch ohne Fragen der Versicherten, das ist schon Ganz schön dreist, vom Schreibtisch aus eine solche Strukturbereinigung zu fordern. Noch dazu, wenn man weiß dass aus einer Forsa-Umfrage im Auftrag von Katholischer Krankenhausverband Deutschlands e. V.: 93 Prozent der Befragten ein Krankenhaus in unmittelbarer Nähe des Wohnortes für wichtig oder sehr wichtig halten.
Zwar hat die Bayerische Staatsregierung im Koalitionsvertrag als Ziel vereinbart, künftig flächendeckend eine qualitativ hochwertige Krankenhausversorgung sicherzustellen. Die Krankenhausstrukturen sollen nicht nur erhalten, sondern – so das erklärte Ziel – auch bedarfsgerecht weiterentwickelt werden. Aber auch hier stellt sich die Frage, wer entscheidet über bedarfsgerecht? Die Landräte und Kreisräte? Mit hinzugezogenen Gutachtern wie Ernst u. Young? Mit gezielten Strukturförderprogrammen soll in den ländlichen Räumen eine wohnortnahe Krankenhausversorgung sichergestellt werden. Allein mir fehlt der Glaube, wenn wir uns die vor uns liegenden Plakate zu Krankenhausschließungen in Augenschein nehmen, und die ja - wie wir bereits wissen - auch weiter gehen.
...
Gleichzeitig fordern die Kassen und die Sachverständigen weiter betriebswirtschaftliche Abrechnungen, aus denen natürlich dann auch sehr schnell abgeleitet werden kann, welche Krankenhäuser geschlossen, bzw. selbst aufgeben müssen. Und die ins Spiel gebrachten Alternativen und Lösungen in Form zukünftiger integrierter Gesundheitszentren (IGZ), in denen dann allgemeinmedizinische internistische u. chirurgische Versorgung beinhaltet sein sollen, und in Kooperation mit den niedergelassenen Ärzten, bei der sogar Patienten auch für eine Nacht aufgenommen werden können, so im Deutschen Ärzteblatt nachzulesen, sind für uns Scheinangebote die man kommunalen Politikern anbietet, um nicht offiziell von Schließungen reden zu müssen.
Weiter wird in dem Papier auch festgehalten, mit mehr Konzentration, und Spezialisierung, kann die Produktivität der Krankenhäuser erhöht werden, und im Preiswettbewerb um Personal verringert werden.
...
Aber gerade uns hat Corona deutlich gezeigt, dass wir uns eine weitere Verringerung von Krankenhausstandorten und Krankenhauskapazitäten nicht leisten können, denn nur so kann eine echte Daseinsvorsorge gewährleistet werden. Das Bündnis Klinikrettung fordert, die Bevölkerung verstärkt in die Entscheidungsprozesse über die Zukunft deutscher Krankenhäuser einzubeziehen. Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Anrecht auf Mitsprache in allen Bereichen der Daseinsvorsorge, insbesondere in Bereichen Gesundheit und Schutz ihres Lebens. Lassen Sie mich als KABler mit den Worten von Papst Franziskus schließen, ich zitiere: „Gesundheit ist ein primäres Gemeingut“ das nicht als Konsumgut angesehen werden darf, dass man benutzen und dann wegwerfen darf.
Das sollten wir uns ins Stammbuch unseres weiteren Handelns schreiben.
Rede Gesundheitsministerkonferenz
Nürnberg, Lorenzkirche, 15.00 Uhr/15.06.2021
Angelika Pflaum, Bürgerinitiative zum Erhalt des Hersbrucker Krankenhauses
(AUSZUG)
Ein Herzliches Grüß Gott,
ich stehe hier für eines dieser Krankenhäuser die geschlossen wurden – das Krankenhaus in Hersbruck war über 100 Jahre ein kleines, gut geführtes Krankenhaus mit 60 Betten und einer Intensivstation. Geführt von 7 Internisten im Belegarztsystem – d.h. Die Ärzte hatten ihre Praxis in Hersbruck, die Patientinnen und Patienten wurden auch im Krankenhaus vom Arzt ihres Vertrauens behandelt. Hersbruck war ein Krankenhaus zur medizinischen Grundversorgung. Für weitreichende Untersuchungen und Eingriffe konnten unsere Ärzte ihre Kranken ins Klinikum Nürnberg überweisen, nach dem Eingriff konnten sie wieder vor Ort gesund gepflegt werden.
...
Vor 4 Jahren gab die Klinikum Nürnberg GmbH bekannt, dass unser Hersbrucker Krankenhaus in 5 Jahren geschlossen werden soll. Für die 60 Betten und 6 Intensivbetten soll Ersatz im 13 km entfernten Krankenhaus in Lauf an der Pegnitz geschaffen werden.
Wir schrieben Briefe, organisierten 2 Demonstrationen mit insgesamt 3500 Teilnehmern, Mahnwachen, wir waren insgesamt drei Mal im Gesundheitsministerium bei der damaligen bayerischen Gesundheitsministerin Huml, trafen Geschäftsführer der Klinikum GmbH, lernten Gesundheitsminister Spahn persönlich kennen.
In mehreren Schreiben haben wir auf die Bedeutung unseres Krankenhauses und seine Besonderheiten hingewiesen! Auf die Belegärzte, die eng mit den umliegenden praktizierenden Ärzten (Landärzten) zusammengearbeitet haben! Viele Assistenzärzte haben im Anschluss an ihre Ausbildung im Krankenhaus eine Praxis im Altlandkreis übernommen!
Auch wiesen wir darauf hin, dass die damalige Gesundheitsministerin Huml ein Förderprogramm „Mehr Ärzte aufs Land“ startete. Gelder werden dazu freigestellt um etwas aufzubauen, das in unserem Krankenhaus Jahrzehntelang gut funktioniert hat!
Am Tag vor der Demo in Nürnberg wurde eine Pressemitteilung von Gesundheitsministerin Huml herausgegeben mit dem Versprechen für ein „Ärztehaus mit Tagesbetten“
...
s kam schlimmer als wir befürchtet hatten!
Fünf der sieben Belegärzte haben ihre Praxen in die Nähe des Krankenhauses nach Lauf a.d.P. verlegt - also weg aus Hersbruck!
Das Klinikum hat einen gynäkologischen Arztsitz in Hersbruck aufgekauft und verlegt - ebenfalls nach Lauf in Krankenhausnähe. In Hersbruck sind wir jetzt, was das Angebot an Frauenärzten betrifft, schlechter gestellt als Ende der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts!
Im Hersbrucker Krankenhaus gab es zwei gut ausgestattete Operationsräume, die von Ärzten einer orthopädisch -chirurgischen Praxis angemietet und genutzt wurden. Unsere Sorgen, dass auch diese Gemeinschaftspraxis unserer Stadt den Rücken kehren wird, hat sich zum Glück nicht bewahrheitet. Die Ärzte praktizieren nun weiter in Hersbruck.Die Praxisräume wurden frei, da die Orthopäden dieser Praxis nach Lauf umgezogen sind!
In dieser Praxis in Hersbruck gibt es natürlich keine OPs, somit ist die hervorragende Arbeit dieser Ärzte nur noch eingeschränkt möglich!
Durch großes persönliches Engagement der ansässigen Ärzte auch aus dem ländlichen Gebieten war im Hersbrucker Krankenhaus eine der ersten Ärztlichen Bereitschaftspraxen entstanden. Die 24.000 Menschen in und um Hersbruck schätzten diese medizinische Notversorgung mit nur kurzen Wegen sehr. Diese Praxis ist ersatzlos gestrichen!
Gesundheitsminister Spahn erklärte uns: “Krankenhausplanung ist Ländersache“
Gesundheitsministerin Huml erklärte uns: “Das ist Sache des Klinikums"
Deutschlandfunk
Süddeutsche Zeitung
Bild-Zeitung 15.06.2021 Ausgabe Nürnberg